Leihläden

Dinge auszuborgen statt sie zu besitzen, ist platzsparend und zeitgemäß. Leihläden haben das Angebot dafür. Planen Sie ihr eigenes Leihladen-Projekt? Hier finden Sie Infos zur erfolgreichen Umsetzung.

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Ein Leihladen ist ein Ort, wo man sich Alltagsgegenstände wie z.B. Werkzeug, Reiseutensilien, Musikinstrumente etc. ausleihen kann. Das Prinzip ist  ganz ähnlich einer Bibliothek, aber es werden nicht Bücher, sondern andere Gegenstände verliehen.

Ein Leihladen kann eine eigenständige Organisation mit eigenen Räumlichkeiten und Öffnungszeiten sein, oder auch einfach ein zusätzliches Angebot in einer bestehenden Einrichtung wie z.B. einer Bücherei.

Alternative Bezeichnungen für einen Leihladen sind auch „Library of Things“, „Bücherei der Dinge“, „Leihbar“ etc.

Planung und Durchführung

Team und Personalressourcen

Für den Start eines Leihladens ist ein motiviertes Kernteam von mindestens drei Personen empfehlenswert. Diese Kompetenzen im Team sind von Vorteil:

  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Kommunikation
  • Teamorganisation
  • Administration
  • Handwerken (für Wartung/Reparatur von Gegenständen bzw. für Ausstattung der Räumlichkeiten)
  • EDV

Ein größeres Team bringt mehr individuelle Kompetenzen, mehr Flexibilität bei Öffnungszeiten, mehr Zeitressourcen für zusätzliche Aktivitäten (z.B. Veranstaltungen, Infostände), mehr Unabhängigkeit von der Verfügbarkeit Einzelner, aber auch mehr Aufwand für die Teamorganisation.

Die laufenden Arbeiten im Betrieb eines Leihladens brauchen entsprechende Zeit- und Personalressourcen. Gegenstände müssen angeschafft und laufend geprüft und gewartet werden. Die Räumlichkeiten müssen in Schuss gehalten werden, auch die Administration und die Öffentlichkeitsarbeit brauchen einige Zeit. Und vor allem muss auch jemand die Kund*innen während der Öffnungszeiten betreuen. Es ist daher wichtig, die Personalressourcen, die Öffnungszeiten, die Auswahl an Verleihgegenständen und den Umfang sonstiger Aktivitäten gut aufeinander abzustimmen.

Leihläden werden häufig von ehrenamtlichen Initiativen betrieben. Aber auch kommunale Einrichtungen, Kultureinrichtungen, Sozialbetriebe, Wirtschaftsbetriebe etc. können Leihläden betreiben. Dabei kann der Leihladen in Form eines sehr eigenständigen Angebots umgesetzt werden, oder auch als Erweiterung eines bestehenden Angebots, z.B. als Erweiterung des Verleihangebots einer Bücherei um Alltagsgegenstände. Bei der Einbindung in einen bestehenden Betrieb können möglicherweise auch bereits vorhandene Personalressourcen- und Infrastruktur für den Leihladen mitgenutzt werden.

Räumlichkeiten

Ein Leihladen ist in unterschiedlichsten Größen umsetzbar. Die Raumgröße hängt stark damit zusammen, welche Sortimentsvielfalt man anstrebt. Im „Library of Things Starterkit“ des Leihladen Wien werden etwa 50m2 für die Lagerung der Verleihgegenstände empfohlen. Die „Library of Things“ in Chrystal Palace, London, kommt mit rund 20m2 aus, hat dazu aber das Verleihsortiment von ursprünglich rund 400 auf etwa 50 Gegenstände reduziert. Und es ist in die größeren Räumlichkeiten der örtlichen Bibliothek eingebunden – mit Café, Sitzmöglichkeiten, Toiletten etc..

Will man in einem Leihladen auch Veranstaltungen abhalten, so muss dafür auch entsprechend Platz und Infrastruktur (Sessel, Tische, WC, Küchenzeile etc.) mitgeplant werden. Eine gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, per Fahrrad und zu Fuß, ist wichtig, um viele Menschen anzusprechen. Zentral gelegene Räumlichkeiten in einer Umgebung mit vielen potenziellen Nutzer*innen sind sicher ein großer Vorteil. Ein Leihladen in einer belebten Gegend und mit guter Sichtbarkeit von außen, kann auch zufällig vorbeikommende Personen neugierig machen und hat tendenziell mehr Nutzer*innen. Allerdings ist es eine große Herausforderung, entsprechende Räumlichkeiten zu leistbaren Preisen zu finden.

Die Räume müssen nicht unbedingt beheizt sein, da in der Regel nur eine kurze Aufenthaltsdauer gegeben ist – außer man plant ganzjährig regelmäßige Veranstaltungen. Das kann deutliche Kosteneinsparungen bei Miete und Betriebskosten bringen. Wenn sich Mitarbeiter*innen länger in den Räumen aufhalten, sollten natürlich zumindest beheizte, abgetrennte Teilbereiche vorgesehen werden.

Die Räume sollten möglichst trocken und mit Wasser- und Stromanschlüssen ausgestattet sein (für Reinigung, Beleuchtung, EDV, etc.). Auch auf barrierefreien Zugang sollte geachtet werden.

Infrastruktur

Ein gutes, stabiles und möglichst raumsparendes Regalsystem kann die Arbeit in einem Leihladen sehr erleichtern. Zusätzlich können Kisten, Schachteln etc. für die sortierte Aufbewahrung notwendig sein. Dabei kann oft auf Gebrauchtmaterialien zurückgegriffen werden. Eine attraktive, sortierte und gut durchdachte Präsentation der Gegenstände ist wichtig.

Die Library of Things in London hat ein ausgefeiltes System entwickelt, bei dem die Nutzer*innen den Verleihprozess großteils selbst abwickeln können. Dazu nutzen sie ein Regal mit Schließfächern, die sich über die IT-Infrastruktur automatisch öffnen lassen. Die Nutzer*innen melden sich an einem Terminal (Tablet) an und schließen dort alle administrativen Schritte für den Verleihvorgang ab. Anschließend öffnet sich das entsprechende Schließfach und der Gegenstand kann entnommen werden. Um einen Leihladen zu starten, kann man aber auch mit sehr einfacher Infrastruktur beginnen.

Administrations-Tools

Zur Administration der Mitgliedschaften, Verleihgegenstände und Verleihvorgänge gibt es hilfreiche Software-Tools, zum Teil als Freeware, zum Teil gegen Gebühren. Hilfreiche Informationen zu bestehenden Tools und ihren Vor- und Nachteilen gibt es z.B. im Starter Kit des Leila Wien.

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Sortiment

Das Sortiment hängt stark von den räumlichen Möglichkeiten ab, sowie von den technischen Fähigkeiten des Teams zur Wartung und Instandhaltung von Gegenständen. Natürlich spielt auch eine Rolle, welche Zielgruppen man ansprechen möchte und in welcher Umgebung man sich befindet. In einem stark verbauten Gebiet wird der Rasenmäher zum Ladenhüter, an einem See könnte die Fischereiausrüstung interessant sein. Es macht Sinn, bestehende und potenzielle Nutzer*innen zu fragen, welche Gegenstände sie gerne im Sortiment hätten.

Die Erfahrungen bestehender Leihläden zeigen, dass es einfach ist, Verleihgegenstände zu bekommen. Die meisten von uns besitzen Dinge, von denen sie später merken, dass sie sie kaum oder gar nicht verwenden. Schwieriger wird es, wenn man sich auf qualitativ hochwertige Gegenstände fokussiert, was durchaus sinnvoll erscheint. Um solche Gegenstände zu bekommen, sind auch Kooperationen mit Produzent*innen oder Händler*innen von Qualitätsprodukten möglich (z.B. gesponserte oder ermäßigte Produkte). Generell sollten nur Gegenstände angenommen werden, die sich in einem guten Zustand befinden. Man sollte sich konkrete Kriterien für die angenommenen Gegenstände überlegen. Hilfreiche Tipps dazu finden sich im Starter Kit des Leila Wien.

Idealerweise spiegelt sich der Nachhaltigkeitsgedanke auch in der Auswahl der Verleihprodukte wieder.

Trägerschaft

Ein Leihladen braucht eine*n formale*n Träger*in, um die Genehmigungen einzuholen, Mieten zu bezahlen, Versicherungen abzuschließen und als Ansprechpartner*in für die Behörden. Es kann hilfreich sein, den Leihladen unter dem Dach einer bestehenden Organisation (z.B. Verein) zu starten. Wenn der Leihladen eine eigenständige Organisation sein soll, ist die richtige Organisationsform zu wählen. Nicht gewinnorientierte Verleihprojekte wählen häufig die Organisationsform Verein. Anregungen zur Wahl der Organisationsform bietet auch das Starter Kit des Leila Wien.

Kosten & Finanzierung

Ein Leihladen kann z.B. über folgende Wege finanziert werden:

  • Mitgliedsbeiträge der Nutzer*innen
  • Entlehngebühren bzw. Entlehnungen auf Spendenbasis
  • Förderungen (z.B. Abfallvermeidungsförderungen, Kulturförderungen, Förderungen für Grätzlprojekte etc.)
  • Spenden allgemein (z.B. Firmensponsoring)
  • Firmenkooperationen (z.B. Markenprodukte als Sachspenden)
  • Crowdfunding (für Startfinanzierung, nicht für laufenden Betrieb)

Die meisten Leihläden finanzieren sich vor allem durch Mitgliedsgebühren oder Entlehngebühren oder einer Kombination aus beidem. Häufig werden die Gebühren sozial gestaffelt.

Allgemeine Aussagen über die Höhe der Kosten lassen sich nicht treffen, diese können je nach Projektumfang sehr stark variieren.

Haftung / Versicherung

Betreiber*innen von Leihläden haften für alle Schäden, die durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit entstehen. Mit Versicherungen lassen sich die Risiken der Haftung reduzieren. Genauere Informationen zu den verschiedenen Versicherungsvarianten bietet die Broschüre „Kulturveranstalten in Wien“ der IG Kultur im Kapitel „Haftung und Versicherung“. Klären Sie unbedingt auch ab, ob ihre Versicherung nur Schäden in den eigenen Räumlichkeiten abdeckt, oder auch Schäden, die außerhalb bei der Verwendung der Verleihgegenstände auftreten. Für Haftungsfragen ist es auch empfehlenswert, einen Ablauf zur Prüfung und Wartung der Verleihgegenstände festzulegen und zu dokumentieren.

Erfahrungsaustausch

Die wertvollsten Informationen für die Planung und Durchführung bekommt man von Initiativen, die ein ähnliches Projekt bereits umgesetzt haben. Die meisten Initiativen unterstützen gerne neue Projekte mit ihrer Erfahrung! Beispiele für bestehende Projekte sind unter „Vorlagen, Leitfäden, Quellen“ aufgelistet.

Prüfung und Wartung der Gegenstände

Alle Verleihgegenstände müssen regelmäßig geprüft und gegebenenfalls gewartet oder repariert werden. Insbesondere bei Elektrogeräten oder Gegenständen, von denen eine Verletzungsgefahr ausgehen könnte, sind eine Inspektion nach jedem Verleihvorgang und ein regelmäßiges Service unumgänglich. Daher ist entsprechendes Know-how im Team notwendig oder eine Kooperation mit Reparaturfachleuten z.B. aus Reparaturbetrieben oder aus Reparaturcafé-Initiativen.

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Bewerbung, Evaluierung & Darstellung der Erfolge

Bewerbung

Für die Bewerbung von Leihläden eignen sich verschiedenste Kanäle wie regionale Zeitungen, Social Media, aber auch die persönliche Kommunikation durch Mundpropaganda, auf Straßenfesten und Informationsveranstaltungen. Veranstaltungen im Leihladen, wie Workshops, Ausstellungen, Führungen, Tage der offenen Tür, etc. können sehr hilfreich sein, um die Anzahl der Mitglieder zu erweitern bzw. als attraktive Angebote für bestehende Mitglieder. Generell ist es wichtig, die Bewerbung nicht nur an neue Mitglieder zu richten, sondern auch zu den bestehenden Mitgliedern einen guten Kontakt aufrecht zu erhalten, z.B. durch Newsletter, Veranstaltungen, Befragungen, Mitsprache beim Sortiment, Aktionen zur Verlängerung der Mitgliedschaft, etc.

Eine Zusammenarbeit mit Profis im Bereich Öffentlichkeitsarbeit bzw. deren Einbindung ins Team kann ein großer Vorteil sein.

Auch wenn ein Leihladen prinzipiell für alle nutzbar sein sollte, macht es durchaus Sinn, sich auf bestimmte Zielgruppen zu fokussieren und diese auch bei der Sortimentszusammensetzung und bei der Bewerbung speziell zu berücksichtigen.

Evaluierung & Darstellung der Erfolge

Sämtliche Verleihvorgänge, sowie das Verleihinventar und ein Nutzer*innenverzeichnis müssen in einem Leihladen laufend dokumentiert und aktualisiert werden. Hilfreiche Informationen zu bestehenden Software-Tools und ihren Vor- und Nachteilen gibt es z.B. im Starter Kit des Leila Wien. Diese Datengrundlage ermöglicht es auch hervorragend, Erfolge darzustellen: Wie viele Nutzer*innen hat der Leihladen erreicht? Wie viele Leihvorgänge fanden statt? Was waren die beliebtesten Leihgegenstände? Unter der Annahme, dass die verliehenen Gegenstände einen Neukauf ersetzen, können auch Umweltauswirkungen abgeschätzt werden: Wie viele Neugegenstände wurden ersetzt? Wie viele Ressourcen wurden dadurch geschont? Wie viel CO2-Ausstoß von Neuproduktionen wurde vermieden? Zur Abschätzung von Umwelteffekten können auch Online-Tools von Reparaturinitiativen hilfreich sein, z.B. das „Fixometer“ des Restart Projects.

Die Erfolge sollten sowohl für Medien aufbereitet, als auch in der eigenen Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden und sollten an Stakeholder (z.B. Bezirkspolitik, Partnerorganisationen etc.) vermittelt werden. Wichtig ist es auch, die eigenen Nutzer*innen darüber zu informieren, schließlich sind sie ein wesentlicher Teil des Erfolgs!

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Weitere Informationen

Vorlagen, Leitfäden, Quellen

Leitfäden

  • „Library of Things Starter-Kit“ –Leitfaden des Leila Wien mit vielen hilfreichen Tipps für die Gründung eines Leihladens. In dem gut strukturierten Leitfaden wird auf die Praxiserfahrungen unterschiedlichster Verleih-Projekte eingegangen: Leitfaden Leila Wien
  • „Make your own Leihbar“ – die Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz hat ein eigenes Konzept eines Leihladens unter dem Titel „Leihbar“ erstellt. Lokale Initiativen können dieses Modell umsetzen und werden dabei von der Stiftung unterstützt, z.B. durch eine Haftpflichtversicherung. Der Leitfaden fokussiert auf die Umsetzung genau dieses Konzepts (Bauplan für die Leihbar, Corporate Design etc.), er enthält aber auch Anregungen, die allgemein für die Umsetzung eines Leihladens hilfreich sind: Leitfaden Leihbar
  • „How to Start a Lending Library“ -  Die amerikanische Lending Library Alliance stellt auf der Website einen Leitfaden und zahlreiche unterstützende Dokumente (FAQs, Vorlagen etc.) zur Gründung eines Leihladens zur Verfügung: Leitfaden Sharestarter
  • Tipps, Dokument-Vorlagen und eine Leila-webapp findet man auf der Website des Leila Berlin

Beispiele für Leihläden

Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Fehlt Ihnen ein wichtiger Link? Dann schreiben Sie uns bitte ein Mail an service@umweltberatung.at.

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