Ist Fischkonsum nachhaltig möglich?

Überfischung, unerwünschte Beifänge, Klimaschädlichkeit – die Liste negativer Auswirkungen der Fischerei ist lang. Können Ernährungswissenschafter*innen überhaupt noch bedenkenlos den regelmäßigen Fischkonsum empfehlen und was sind gesunde, nachhaltige Alternativen dazu?

Fische im Wasser

93 Prozent der weltweiten Bestände sind laut FAO bis an ihre Grenzen befischt, ein Drittel davon sogar in katastrophal schlechtem Zustand. Der Anteil der Bestände im roten Bereich nimmt seit vielen Jahren zu. Jene Bestände, die im Gleichwicht, also im grünen Bereich sind, werden immer weniger. Dementsprechend ist der ökologischste Fischgenuss wohl jener, die Fische ziehen zu lassen, denn nur so können sich die Fischbestände langfristig erholen.

Fisch als seltener Genuss

Die derzeitigen Fisch-Empfehlungen von mindestens ein bis zwei Portionen Fisch in der Woche brauchen dringend eine kritische Revision. Zur Diskussion muss neben ökologischen Fragen auch der gesundheitliche Nutzen von mageren Fischarten wie Dorsch/Kabeljau oder Scholle, die meist fettreich mit Panier oder Saucen zubereitet werden, stehen. Eine Empfehlung hin zu seltenem Fischgenuss, wie z.B. eine Portion pro Monat, aus nachhaltigem Fischfang in hochwertiger Qualität und mit ernährungsphysiologisch wertvollen Rezepturen ist dringend notwendig.

Großteils importiert

Der "Fish Dependence Day" ist in Österreich Ende Jänner – rein rechnerisch sind die österreichischen Speisefische für das laufende Jahr bis zu diesem Tag bereits aufgebraucht und danach ist der Fischkonsum in Österreich nur noch durch Importe möglich. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass der Selbstversorgungsgrad mit österreichischem Fisch bei ungefähr sieben Prozent liegt.

Bewusster Kauf bestimmter Fischarten

Die ökologische Wahl beim Fisch ist leider nicht ganz einfach, denn Gütesiegel stehen zunehmend in der Kritik. Das MSC-Label (Marine Stewardshop Council) ist das bekannteste und weltweit bedeutendste Siegel für nachhaltigen Fischfang. Die theoretisch guten Ansätze, wie die Verpflichtung von Art-spezifischen Fangmethoden um Beifang zu vermeiden und die Vorgabe von ausreichend großen Maschengrößen, um Jungfische eine Fluchtgelegenheit zu ermöglichen, sind grundsätzlich vielversprechend. In der Praxis sind die Vorgaben leider zu lasch und werden von Umweltschutzorganisationen kritisiert − sogar schon vom WWF selbst, der die MSC Initiative vor vielen Jahren gegründet hat. Anlass zu Kritik war zum Beispiel, dass 2020 das MSC-Label für den Fang von Blauflossen-Thunfisch im Atlantik (Thunnus thynnus) vergeben wurde, obwohl der Bestand noch vor wenigen Jahren am Rande des Zusammenbruchs stand.

Wer wirklich sichergehen möchte, sollte sich über empfehlenswerte Fangmethoden, Fischarten und Fanggebiete genau informieren. Der strenge Fischtest von fair fish international ist eine gute Hilfe und ermöglicht den Check direkt an der Fischtheke: einfach die Fischart, das Fanggebiet, mögliche Labels und die Fangmethode eintragen und schon kommt eine Empfehlung für oder gegen den Kauf: https://fair-fish.net/de/was/markt/fischtest

Auch der Fischratgeber vom WWF bietet eine gute Hilfestellung.

Wenn Aquakultur, dann in Bio-Qualität

In Österreich gibt es viele positive Beispiele in der Teichwirtschaft. Das beste Beispiel ist die Karpfenzucht, denn Karpfen begnügt sich, als omnivorer Fisch, mit pflanzlichen Futtermitteln. Auch Fütterungsversuche mit Saibling und Forelle zeigen, dass diese bei Fütterung mit Ölsaaten essenzielle Fettsäuren bilden. Bio macht nochmals einen Unterschied - in der Bioteichwirtschaft steht den Tieren mehr Platz zur Verfügung und der Einsatz von Hormonen, Insektiziden sowie vorbeugende Antibiotika-Behandlung sind untersagt.

Indoors gezüchtet

Zunehmend beliebt wird die Fischzucht in überdachten Kreislaufanlagen. Diese hochtechnisierten Anlagen haben den Vorteil, dass das Wasser im Kreislauf geführt und laufend von Nährstoffen gereinigt wird. Eine besondere Art von Kreislaufanlagen sind Aquaponik-Anlagen, deren gefilterte Nährstoffe zum Düngen von Gemüsepflanzen verwendet werden, deren Sauerstoff wiederum dem Wachstum der Fische dient. Nachteile sind der hohe Energieaufwand und die unnatürliche Haltung der Fische in Becken. Eindeutiger Vorteil ist die abfallarme, regionale Produktion von Wels, Garnelen und Co in Österreich. Wenn allerdings das Futter für die gezüchteten Raubfische aus dem Meer stammt, lösen diese Anlagen das Problem der Überfischung nicht.

Weltweit stammen über 50 % der Fische und Meerestiere aus Aquakultur. Doch nur 10 % der in der europäischen Union verzehrten Fische und Meerestiere stammen aus europäischer Aquakultur. Deshalb wurde im Rahmen des EU-Green Deals die Förderung von nachhaltigen Aquakultursystemen beschlossen. Der Haken daran: Auch wenn Fisch an Land in Becken gezüchtet wird, bekommt er überwiegend Meeresfisch als Futter. Der Druck auf die Meere bleibt also bei hohem Fischkonsum in jedem Fall bestehen. Pflanzliches Eiweiß aus der Sojapflanze kann zwar den Anteil an Fischmehl reduzieren, doch die ständig wachsende Nachfrage nach billigem Soja führt zu weiteren Flächenrodungen in Regenwaldgebieten mit verheerenden ökologische Folgen auf das Klima.

Alternativen

Eine ausgewogene Ernährung klappt auch ohne Fisch. Es gibt viele Alternativen dank derer man den menschlichen Nährstoffbedarf abdecken kann. Die Bandbreite von pflanzlichen Optionen werden hier genauer vorgestellt. In unserer Datenbank finden sich auch leckere Rezepte für fischlose Gerichte wie Karottenlachs oder Fischfilet aus Seidentofu.

Weitere Informationen

Datenquellen und weiterführende Links

Enric Sala, Juan Mayorga, […] Jane Lubchenco, protecting the global ocean for biodiversity, food and climate, Nature volume 592, pages 397–402 (2021)
FAO, The State of World Fisheries and Aquaculture, 2020
Bialon Johannes, Wie nachhaltig ist Aquakultur?, UGBforum 4/21
Baier Heike, In Zukunft ohne Fisch?, Ökotest Magazin 09/2021

Die Online:Quellen wurden im Jänner 2022 abgerufen:

Statista
WWF
APA Science
Medizin transparent

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